Die Geisterhand des Todes winkt,
Und folgen muß ich seinem Zwange —
Doch sterb' ich, wie die Sonne sinkt,
Weitleuchtend noch im Untergange.

Mein Leben hab' ich ganz gelebt,
Drum weckt der Tod mir keine Klage,
Denn aus der Grabesnacht erhebt
Mein Ruhm sich hell in Lied und Sage.

Nur schwach von Geist, weil zart von Leib,
Galt hier die Frau, ein Spiel der Roheit
Des Manns — ich aber hob das Weib
Zum Vollgefühle seiner Hoheit.

Menon, mein erster Eh'gemahl,
Ward nur durch mich berühmt im Kriege,
Und als er fiel durch eignen Stahl,
Gewann ich Ninus' Herz und Siege.

Und Herrscherin ward ich der Welt,
Und siegreich führt' ich meine Heere
Soweit das blaue Himmelszelt
Sich ausspannt über Land und Meere.

Doch Kampf gewinnt nur äußern Ruhm:
Mein inn'res Streben ging nach oben,
Und manch' erhab'nes Heiligthum
Hab' ich dem Herrn des Lichts erhoben.

Die Welt macht' ich mir unterthan
Um vor dem Lichtgott sie zu beugen,
Und was ich schuf auf meiner Bahn,
Macht' ich zu Seiner Größe Zeugen.

Denn nur die Glut, die angefacht
Durch Seinen Hauch, kann Leben zünden,
Von Ihm allein kommt alle Macht
Die schafft um Dauerndes zu gründen.

Drum hab' ich Tempel Ihm geweiht
Zu Hunderten, und Lichtaltäre,
Daß sich, in Seine Herrlichkeit
Versenkt, der Blick der Völker kläre.

Doch ließ ich auch in heiterm Spiel
Die Kunst sich reich und frei entfalten,
Und sah der Wunderwerke viel
In Marmor, Gold und Erz gestalten.

Aus Wüsten schuf ich Ackerland,
Ein Blumenreich aus öden Grüften,
Und ließ durch kunsterfahr'ne Hand
Selbst Gärten schweben in den Lüften.

Jetzt aber heb' ich mein Gesicht
Hinweg von allem ird'schen Werke
Empor zum reinen Himmelslicht,
Sein Anblick giebt dem Geiste Stärke.

Auf, zündet mir den Holzstoß schnell!
Im Feuer kehrt mein Leib zum Staube,
Derweil mein Geist sich sonnenhell
Zu Dem aufschwingt, an den ich glaube.

Semiramis' weitleuchtendes Ende