Mit Playground AI (und ähnlichen Systemen) steht ein neues und mächtiges Werkzeug zur Verfügung, Schauplätze und Szenen aus Geschichten grafisch fassbar zu machen. Um mir ein Bild von den Möglichkeiten zu verschaffen, habe ich mich damit mal an den kybernetischen Gärten über Babylon versucht.
Wahrscheinlich hat jeder schon einmal von den hängenden Gärten von Babylon gehört. Sie gehörten zu den Sieben Weltwundern der Antike und werden von der Sage üblicherweise Semiramis zugeschrieben, was bereits seit der Antike bestritten wird. Wie haben sie wohl ausgesehen? Ich zitiere hier den deutschen Wikipedia-Beitrag zu den Gärten, wie man sich das Bauwerk vorstellen kann: "Nach den antiken Schriftstellern lagen die Hängenden Gärten neben oder auf dem Palast und bildeten ein Quadrat mit einer Seitenlänge von 120 Metern. Die Terrassen erreichten eine Höhe von ca. 25 bis 30 Metern. Die dicken Mauern und Pfeiler des Aufbaugerüstes waren überwiegend aus Brandziegeln hergestellt, unter den einzelnen Stufenabsätzen sollen sich Gänge befunden haben. Die Etagenböden bestanden aus drei Lagen, eine Lage aus Rohr mit viel Asphalt, darüber eine doppelte Lage aus gebrannten Ziegeln, die in Gipsmörtel eingebettet waren, und ganz oben dicke Platten aus Blei. So wurde ein Durchdringen von Feuchtigkeit verhindert. Auf diese Konstruktion hätte man Humus aufbringen und verschiedene Baumsorten einpflanzen können. Eine Bewässerung war aus dem nahegelegenen Euphrat möglich. "
Hier eine eher trockene Rekonstruktion dieser Beschreibung aus dem Jahre 1726:
Außerdem habe ich noch diese gemeinfreie Zeichnung gefunden, wie man sich das live und in Farbe vorstellen könnte:
Das wirkt zur heutigen Zeit wohl nicht besonders spektakulär, auch wenn diese Einschätzung selbstverständlich ungerecht ist. Ich habe dann zum Vergleich die KI beauftragt, mir die Gärten zu zeichnen. Die ist hemmungslos und kleckert nicht, wenn sie klotzen könnte:
Hier noch eine andere Version, einfach, weil es nur ein Knopfdruck ist, noch ein Tick monumentaler:
Man sieht, das Programm kümmert sich nicht sonderlich um Realitätsnähe. Und dabei sind die beiden Beispiele (und das Beitragsbild ganz oben) relativ bodenständig. Da kamen noch ganz andere Vorschläge. Allerdings bin ich kaum der Richtige, um mich darüber zu beschweren, denn meine Darstellung der Gärten von Babylon geht weit darüber hinaus.
Zum einen: Wenn schon hängende (oder schwebende) Gärten, dann aber richtig. Im Roman befinden sich die Gärten in fünfhundert Meter Höhe an einem aufgegebenen Weltraumaufzug über den Trümmern der alten Garnisonsstadt Babylon. Das einem Programm mit Worten klarzumachen, gestaltet sich extrem schwierig. Es hat wirklich alles mögliche gezeichnet, nur nicht das, was ich beschrieben habe. Also habe ich die Taktik gewechselt und bin schrittweise vorgegangen. Ich habe das Programm zunächst zu einer Versorgungsstation am Strang eines Weltraumaufzuges geführt, dann eine passende Form als Vorlage gewählt und erklärt, dass dies jetzt ein Gewächshaus in luftiger Höhe sein soll. Dann fingen wir langsam an, uns zu verstehen.
Hier ein paar Konzepte, wie die KI das umsetzen würde:
Man sieht, die Konzepte bewegen sich in einem engen Rahmen, den ich im vorherigen Schritt gesetzt hatte. Nun ging es noch darum, das vielversprechendste Konzept auszuwählen und dann über der Wüste von Babylon zu platzieren.
Nach viel Hin und Her ist es dann dieses Bild hier geworden:
In dem ganzen Prozess kam aber auch viel (charmanter) Unsinn heraus, wie etwa das hier, was wie eine Version aus Tausendundeiner Nacht aussieht:
Damit hätten wir nun die Höhe erledigt, in der sich meine Gärten befinden. Der andere Punkt: Es handelt sich, wie der Titel des Romans verrät, um kybernetische Gärten. Damit ist gemeint, dass die Gewächshäuser als automatische Regelkreise konzipiert sind, die durch eine Computeranlage gesteuert und von allen möglichen mechanischen Wesen und elektronischen Anlagen am Laufen gehalten werden. Wie bereits erwähnt, der Weltraumaufzug ist aufgegeben, ebenso die Gärten, schon seit Jahrzehnten, aber die Gewächshäuser funktionieren noch immer, dort oben über den Ruinen in der Wüste, in denen wohl schon unzählige Wanderer verschmachtet sind, nicht ahnend, was sich in jenen fernen glitzernden Klumpen an diesem eigentlich unmöglichen Rohr befindet, das offenbar bis in den Himmel führt.
Das ließ sich nicht so deutlich darstellen, finde ich. Hier zwei Bilder vom Innern der Gärten, in denen die KI einige Ideen zu den automatischen Anlagen umgesetzt hat:
Das nächste Beispiel ist ganz witzig. Ich hatte der KI gesagt, die Gewächshäuser sehen wie Honigwaben aus.
Und hier noch ein weiteres Bild aus dem Innern, eine Treppe, die Semiramis häufig rauf und runtergeht, aber die könnte sich natürlich in jedem x-beliebigen tropischen Gewächshaus befinden:
Ist schon ein nettes Spielzeug, diese Bilder-KI (und für jemanden, der professionell Bilder erstellt, mehr als das). Genau betrachtet macht der Einsatz eines solchen Tools für einen Schreiberling wie mich in der umgekehrten Reihenfolge sogar mehr Sinn, denn durch die visuellen Umsetzungsvorschläge der Bilder-KI entstehen alle möglichen Ideen und Assoziationen, die das Schreiben deutlich bereichern dürften. Eine neue Kreativitätstechnik, könnte man sagen, und eine sehr wirkungsvolle hinzu. Allerdings besteht die Gefahr, dass das Erzeugen der Bilder einen irgendwann davon abhält, die verdammte Geschichte tatsächlich zu schreiben.