In diesem Kapitel passiert jetzt wieder weniger, oder auch, wenn man es aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, sehr viel: Unsere Welt wird in sechs Tagen erschaffen. Für diesen Gesang bin ich auf die Übersetzung von Bernhard Schuhmann umgeschwenkt. Dieser übersetzt nämlich auch die üblichen Zusammenfassungen Miltons zu Beginn jedes Kapitels, und in diesem Fall ist das durchaus ausreichend, um den Inhalt des Gesanges darzustellen.

Raphael erzählt auf Adams Bitte, wie und warum die Welt am Anfang erschaffen worden ist, wie nämlich Gott nach der Ausstoßung Satans und seiner Engel aus dem Himmel seinen Willen kundgegeben, eine andere Welt zu erschaffen und Geschöpfe, die in ihr leben sollten; wie er seinen Sohn, von Engeln begleitet, in Herrlichkeit ausgesandt, das Schöpfungswerk in sechs Tagen zu vollenden, und wie die Engel dessen Vollendung mit Lobgesängen gefeiert.

Gottes Geist schwebt über dem Wasser
John Martin - The Creation

 

Ein paar Verse vielleicht doch. Raphael zu Adam, als der nach der Erschaffung der Welt fragt:

Von oben ward der Auftrag mir erteilt,
In Schranken deiner Wißbegier zu gnügen;
Hinaus darüber laß zu fragen ab!
Auch hoffe nicht, daß eignes Forschen dir
Entdecken werde, was der Unsichtbare,
Der Ew'ge, der allein allwissend ist,
Als keinem mitteilbar, in Nacht verbarg.
Genug bleibt übrig für den Wissensdrang.
Der Eßlust gleicht die Wißbegier; wie jene
Bedarf sie der Beschränkung auf das Maß
Des Wissens, das der Geist vertragen kann;

 

Gottes Plan für die neue Welt und die Menschheit:

Gleich will ich schaffen eine neue Welt,
aus einem Menschen einen Menschenstamm,
Der sie bewohnen soll, bis, durch Verdienst
Nach langer Prüfung stufenweis' erhöht,
Er endlich selbst den Weg hierher sich bahnt
Und Erd' und Himmel in ein einzig Reich
Endloser Friedensseligkeit verschmelzen.

 

Gott schwelgt in seiner Allmacht:

Der Raum ist grenzenlos, doch nirgends leer,
Denn ich erfülle das Unendliche.
Auch wo ich mich und meine Kraft, die frei
Zu wirken wie zu ruhen ist, nicht äußre,
Vermag nicht Zufall noch Notwendigkeit
Sich mir zu nahen; was ich will, ist Schicksal.

Tintoretto_Erschaffung_der_Tiere
Jacopo Tintoretto - Die Erschaffung der Tiere